Neuer Mindestlohn ab dem 01.01.2026
- Siegfried Allert

- vor 52 Minuten
- 3 Min. Lesezeit
Ab dem 1. Januar 2026 wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland auf 13,90 € brutto pro Stunde angehoben.
Zum 1. Januar 2027 ist bereits eine weitere Erhöhung auf 14,60 € brutto pro Stunde geplant.

Es folgen nun ein paar Ausführungen zu dem Thema Mindestlohn.
Wie wirkt sich insgesamt die Erhöhung des Mindestlohns aus?
Die Auswirkungen einer Mindestlohnerhöhung sind vielfältig und betreffen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Gesamtwirtschaft. Hier ein Überblick über die wichtigsten Effekte, die aus Forschung, Erfahrungen früherer Mindestlohnerhöhungen sowie Einschätzungen von Wirtschaftsinstituten bekannt sind:
Positive Auswirkungen
1. Mehr Einkommen für Geringverdienende
Beschäftigte mit niedrigen Stundenlöhnen profitieren unmittelbar.
Besonders relevant für Branchen wie Gastronomie, Einzelhandel, Pflege, Reinigung und Logistik.
Kann Armut trotz Erwerbstätigkeit reduzieren („Working Poor“).
2. Steigerung der Kaufkraft
Mehr verfügbares Einkommen führt oft zu höherem Konsum – meist in regionalen Wirtschaftsbereichen.
Davon profitieren vor allem lokale Unternehmen, Handel und Dienstleistungen.
3. Entlastung des Sozialstaats
Weniger Bedarf an staatlicher Aufstockung (z. B. Bürgergeld, Wohngeld, Sozialtransfers), da Einkommen steigen.
Kann langfristig Kosten für soziale Sicherungssysteme senken.
4. Gleichstellung
Mindestlohnerhöhungen kommen überdurchschnittlich häufig Frauen, jungen Menschen und Beschäftigten in Ostdeutschland zugute.
Mögliche Risiken und Herausforderungen
1. Kostensteigerungen für Unternehmen
Höhere Löhne erhöhen Personalkosten, besonders in arbeitsintensiven Branchen.
Kleinbetriebe und Gastronomie spüren Erhöhungen stärker.
Unternehmen können reagieren durch:
Preiserhöhungen
Rationalisierung oder Automatisierung
Reduktion von Arbeitsstunden
2. Risiken für Beschäftigung
Studien zeigen gemischte Ergebnisse:
Moderate Erhöhungen haben selten zu großen Jobverlusten geführt.
Starke oder schnelle Anhebungen können jedoch einzelne Jobs gefährden, insbesondere bei Minijobs und kleinen Betrieben.
3. Inflationäre Effekte
Höhere Löhne können Preise erhöhen – oft in Bereichen wie Essen, Dienstleistungen, Handwerk.
Aber: Der Effekt ist meist moderat und oft zeitlich begrenzt.
Zusammenfassung
Insgesamt wirkt sich eine Mindestlohnerhöhung meist positiv auf Beschäftigte und die Nachfrage in der Wirtschaft aus. Unternehmen stehen vor höheren Kosten, was jedoch selten zu starken Jobverlusten führt – die Auswirkungen hängen stark von Höhe und Geschwindigkeit der Anhebung ab.
Die Geschichte des Mindestlohns
Der Mindestlohn – also die gesetzlich festgelegte Lohnuntergrenze – hat eine längere und international sehr unterschiedliche Geschichte. Hier ein Überblick mit Schwerpunkt auf Deutschland, aber eingebettet in den globalen Kontext:
Ursprünge des Mindestlohns
Ende 19. Jahrhundert: Erste Mindestlöhne entstanden als Reaktion auf schlechte Arbeitsbedingungen und extrem niedrige Löhne während der Industrialisierung.
1890er-Jahre – Neuseeland & Australien:
1894 führte Neuseeland als eines der ersten Länder Mindestlöhne in bestimmten Branchen ein.
1896 folgte Australien, zunächst in Form von „Schiedsgerichten“ zur Festlegung fairer Löhne.
1912 – USA: Erste bundesstaatliche Mindestlohnregelungen, zunächst für Frauen und Jugendliche.
1928 – ILO (Internationale Arbeitsorganisation): Erste internationale Empfehlungen zur Einführung von Mindestlohnsystemen.
Die Geschichte des Mindestlohns in Deutschland
Weimarer Republik bis 1945
Es gab keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, aber Tarifverträge spielten eine Rolle bei der Lohnregulierung.
Ziel war, faire Löhne über Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände festzulegen.
1950er–1990er: Tarifautonomie statt Mindestlohn
Nach 1945 setzte Deutschland stark auf die Tarifautonomie: Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten Löhne selbst aushandeln.
Dadurch hielt man einen gesetzlichen Mindestlohn lange für unnötig.
Tarifbindung war sehr hoch: In den 1980ern waren über 80 % der Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt.
1990er–2000er: Veränderung der Arbeitswelt
Sinkende Tarifbindung (unter 60 % bis 2000, später unter 50 %).
Ausweitung des Niedriglohnsektors, besonders durch sogenannte „Mini-Jobs“ und Reformen am Arbeitsmarkt (u. a. Hartz-Gesetze 2003–2005).
Debatte über einen gesetzlichen Mindestlohn nahm Fahrt auf – besonders getrieben von Gewerkschaften und der SPD.
Einführung des deutschen Mindestlohns
2015: Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wurde eingeführt.
Startwert: 8,50 € pro Stunde (brutto).
Einführung unter der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD), maßgeblich auf Betreiben der SPD und Gewerkschaften.
Weiterentwicklung
2017: Mindestlohn steigt erstmals automatisch nach Empfehlung der Mindestlohnkommission.
1. Oktober 2022: Politische Anhebung durch Gesetz auf 12,00 € pro Stunde – ein Sonderfall außerhalb der Kommissionslogik.
Seitdem wieder reguläre Anpassungen durch die Mindestlohnkommission.
Internationale Einordnung
Heute haben über 90 % aller Staaten irgendeine Form von Mindestlohn.Die Höhe unterscheidet sich stark:
Frankreich: seit 1950 („SMIC“), 2025 ca. 11,65 €/h
Großbritannien: seit 1999 („National Minimum Wage“), hat inzwischen einen höheren Satz für Erwachsene unter dem Namen „National Living Wage“
USA: Bundesmindestlohn seit 1938, seit 2009 unverändert bei 7,25 US-Dollar/h (viele Bundesstaaten haben höhere Sätze)
Ziele des Mindestlohns
Schutz vor Lohnarmut
Faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Unternehmen
Begrenzung des Niedriglohnsektors
Soziale Gerechtigkeit & wirtschaftliche Stabilität
Kritiker warnen jedoch vor möglichen Jobverlusten, besonders in gering qualifizierten Tätigkeiten – ein Punkt, den die Mindestlohnkommission in Deutschland stets abwägt.




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